CD-STORY AUS STEREO 4/1987
G ra n d m it V ie re n ?
Die Beatles auf CD. Der große Traum vieler HiFi-
Fans ist endlich Wirklichkeit geworden. Doch am
27. Februar 1987, einen Tag nach der weltweiten
Veröffentlichung, die Ernüchterung: denn die
Beatlesauf CD, sie kamen nicht nur langsam (gut
vier Jahre nach Einführung der Compact Disc),
sondern auch nicht gewaltig - denn sie kamen in
Mono. Hier der erste Hörbericht und ein Blick
hinter die Kulissen
f
n Mono??? Wo ich doch
alle Beatles-Alben, sowohl
die originalen. bier- und co-
la-befleckten wie auch die spä-
ter ersatzweise hinzugekauften
Platten
in
Stereo
besitze
-
sprach mit Recht der inzwi-
schen
zum
Bankprokuristen
avancierte
Ex-Amateur-Beat-
musiker. Und nun enttäuschte
Beatles-Fan.
kend reagierten : daß die Mono-
Beatles angeblich von origina-
len Master Tapes gezogen wur-
den; daß die Bänder bei der
Firma Sony eine gewisse A uf-
frischung erfuhren - und daß
zumindest eine der vier CDs
schon vor der Auslieferung am
26.2.87 in Lieferrückstand war
- merke: Vorbestellungen!
Vorab: Es handelt sich um
Week"
oder
„Every
Little
Thing" - die CD klingt in jeder
Hinsicht
versumpfter
und
gleichmacherischer.
Steckt
Strategie
dahinter?
Soll pure Lautheit die CDs als
klanglich bevorteilt erscheinen
lassen? Im Song .
.A Hard Day's
Night” geht das schief: nirgends
wirkt das Gitarrenintro so ver-
zerrt und verflattert wie auf
C D .
..
Und doch, gegenüber den
Alben .
.A Hard Day's Night"
und .
.With The Beatles" gewin-
nen die CDs deutlich. Wegen
Mono! Denn .
.With The Bea-
tles" im arg zerrissenen Ping-
Pong-Stereo
und
..A
Hard
Day's Night" mit seinem völlig
vermufften Klang haben via V i-
nyl eben deshalb das Nachse-
hen. Per CD tönt dies homoge-
Anordnung)
aufgenommen
wurde. Jedenfalls: Platte und
CD halten sich die klangliche
Waage und eher persönliche
Hörvorlieben des Konsumen-
ten geben hier den Ausschlag.
Warum also nahm die EMI
England dem CD-Hörer die
Entscheidung ohne Not aus der
Hand
-
jene
Entscheidung,
selbständig den Mono/Stereo
Schalter am Verstärker eigen-
händig
zu
betätigen?
Was
meint einer der EMI-Höheren.
Helmut Fest, wenn er offiziell
erklärt, es handle sich bei den
Scheiben um Abnahmen von
den original Monobändern?
Eigenartig
auch,
daß
die
EM I
nachträglich
verlauten
ließ, d ie .
. A Hard Day's Night“
CD sei trotz .
.Mono-Aufdruck
eigentlich doch in Stereo. Eine
Behauptung, die wir auch nac
mehrmaligem
Probehöre
nicht bestätigen können.
Das Theater um die neuen
Beatles-CDs ist jedenfalls der
1959 wurde die Stereophonie
am Markt eingeführt, und die
Beatles
samt
Produzent
George Martin zählten zu den
ersten, die Stereo nicht nur be-
nutzten, sondern auch bewußt
verwendeten.
Außer via CD, offenbar.
..
Schuld sind die Engländer, wie
es bei der deutschen EM I in
Köln heißt: Nämlich die Tonin-
genieure in den Abbey Road-
Studios, die Bosse der EM I in
Hayes
oder
Swindon,
dem
EMI-Preßwerk für CDs. oder
gar Yoko Ono. Sowieso: die
war schon immer schuld.
Richtig ist, daß die Entschei-
dung für Beatles-CDs in Mono
allein in England fiel; daß deut-
sche Manager eher achselzuk-
78
S T E R E O
einen Grand mit dreien, denn
den
vierten
Buben
namens
..Beatles For Sale“ kann man
als CD getrost vergessen. Über
eine
exzellente
Abhöranlage
(Outsider Jota) verglichen, bie-
ten sowohl „Beatles For Sale“
wie auch die fast inhaltsgleiche
„Beatles ’65“ als Platte erheb-
lich mehr an Raumspektrum,
an Ortbarkeit der Instrumente
und an Vokal-Transparenz.
Der
Grund:
Stereo!
1964
hatten die Beatles & Martin die
Stimmen längst in der Mitte
angeordnet,
Schlagzeug
und
Gitarren ein wenig aus den Ka-
nalecken gezerrt und für eine
ausgewogene Balance gesorgt.
Gleich, ob „N o Reply", „I'll
Follow
The
Sun"
(hier
be-
sonders),
..Eight
Days
A
Г П '
'■
м ш ш
ГДЛПГЛГЛ
ш
ш
ы
ш л г л г л м
пег, im Baß leicht präsenter
und in den Höhen dramatisch
klarer.
Dafür
klingt
wiederum
„Can t Buy Me Love” weder
auf Original-LP noch auf CD
derart ausgewogen wie auf dem
Sampler „Beatles 1962-66” .
„Please Please M e" schließ-
lich vervollständigt den Bea-
tles-Vierer. Und hier, anläßlich
„I Saw Her Standing There",
„Twist
And
Shout"
und
..There's A Place" dürften sich
die Geister am markantesten
scheiden:
das
LP-Ping-Pong-
Stereo nervt weit weniger als
auf .
.With The Beatles", weil
..Please Please Me” mit weit
weniger trennscharfen M ikro-
phonen (oder anderer M ikro-
art verwirrend, daß einem
gla
die Lust zu vergehen droht.
Ältere Rockfreunde tippte
denn auch gleich - vielleich
böswillig, doch aus Erfahrung
auf die Möglichkeit, daß ii
zwei,
drei
Jahren,
just
au
Dienst am Kunden, die Stere
Mixes der Beatles-CDs erschie
nen, man dann also nochma
zur
Kasse
gebeten
werde
könnte.
Wie wird M utter EM I al<
weiter verfahren? In den kon
menden
Quartalen
solli
schließlich weitere CD-Beatle
erscheinen.
Man
stelle
sic
„Revolver".
„Sgt.
Pepp
(den
gerade!)
oder
„Abh
Road" in Mono vo r., zugeg
ben, eine Horror-Vision.
Andreas Michael Gies,
74
30 JAHRE STEREO
vorherige seite 74 Stereo 2004-01 lesen sie online nächste seite 76 Stereo 2004-01 lesen sie online Nach hause Text ein/aus